SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum

Sustainable Development Goals: Ziele, Pläne & Umsetzungen bis 2030
Wirtschaftlicher Fortschritt allein reicht nicht aus. Die Wirtschaft muss fair, inklusiv und langfristig tragfähig sein. Das achte Ziel der UN-Agenda 2030 fordert genau das: Eine globale Entwicklung, die auf sozialer Gerechtigkeit, guten Arbeitsbedingungen und einer resilienten Wirtschaft basiert. Denn wirtschaftlicher Erfolg darf nicht auf Kosten von Menschenrechten oder Umwelt gehen. In einer Welt, in der über zwei Milliarden Menschen informell arbeiten und Millionen trotz Anstellung in Armut leben, setzt «SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum» klare Prioritäten: mehr Chancen, bessere Bedingungen und gerechte Teilhabe – für alle.
Globaler Arbeitsmarkt unter Druck
Trotz Finanzkrisen und globaler Wirtschaftsflauten ist die Zahl der Menschen, die in extremer Armut arbeiten, in den letzten 25 Jahren deutlich gesunken. In vielen Entwicklungsländern hat sich die Mittelschicht seit 1991 gar verdreifacht und macht heute über ein Drittel der Beschäftigten aus. Doch dieser Fortschritt ist brüchig. Im Jahr 2018 hatten schätzungsweise 172 Millionen Menschen weltweit keine Arbeit – eine Zahl, die durch die stetig wachsende Weltbevölkerung wachsen dürfte.
Viele der Menschen mit einer Anstellung arbeiten unter prekären Bedingungen oder völlig ohne soziale Absicherung. Rund 2 Milliarden Menschen – das sind mehr als 60 Prozent der Weltarbeitskräfte – üben eine informelle Erwerbstätigkeit aus. Sie haben keinen Anspruch auf Mindestlöhne, Arbeitsschutz oder Krankenversicherung. Frauen sind besonders häufig betroffen: Ihre Erwerbsquote lag 2018 bei lediglich 48 Prozent, während sie bei Männern bei 75 Prozent lag. Insgesamt waren 85 Millionen Frauen im globalen Vergleich unterbeschäftigt – 30 Millionen mehr als Männer. Und auch Kinderarbeit, moderne Sklaverei und Zwangsarbeit sind in vielen Weltregionen nach wie vor Realität.
Die globale Arbeitswelt in Zahlen:
- 172 Millionen Menschen waren 2018 weltweit arbeitslos.
- Jährlich steigt die Zahl der Arbeitslosen voraussichtlich um eine Million.
- Rund 700 Millionen Menschen leben trotz Arbeit in extremer oder moderater Armut (weniger als 3,20 USD pro Tag).
- 2 Milliarden Menschen arbeiten im informellen Sektor – ohne Sicherheit, Rechte oder Absicherung.
- 48 % der Frauen waren 2018 berufstätig – gegenüber 75 % der Männer.
- 85 Millionen Frauen sind weltweit unterbeschäftigt – bei Männern sind es 55 Millionen.
Unterziele und Indikatoren des «SDG 8 Decent Work and Economic Growth»
Damit menschenwürdige Arbeit und inklusives, nachhaltiges Wirtschaftswachstum weltweit Realität werden, braucht es mehr als gute Absichten. Das 8. UN-Nachhaltigkeitsziel ist in eine Reihe konkreter Unterziele gegliedert, die messbare Fortschritte ermöglichen – von fairer Bezahlung über sichere Arbeitsbedingungen bis hin zur Stärkung kleiner Unternehmen. Die offiziellen Indikatoren der Vereinten Nationen helfen dabei, Entwicklungen zu erfassen und politische Massnahmen gezielt auszurichten.
Die Unterziele und Indikatoren zeigen: Das SDG 8 ist kein abstraktes Versprechen, sondern ein konkreter Handlungsrahmen für dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sowie produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle.
Ziel 8.1 – Wirtschaftswachstum fördern
Das Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum soll im Einklang mit den nationalen Gegebenheiten nachhaltig gesteigert werden – in den am wenigsten entwickelten Ländern jährlich mindestens um 7 Prozent.
Indikator 8.1.1: Das ist die jährliche Wachstumsrate des realen BIP pro Kopf.
Ziel 8.2 – Produktivität steigern
Die wirtschaftliche Produktivität soll durch Diversifizierung, technologische Aufrüstung und Innovation erhöht werden – mit Fokus auf arbeitsintensive Branchen und hochwertige Wertschöpfung.
Indikator 8.2.1: Das ist die jährliche Wachstumsrate des realen BIP pro beschäftigter Person.
Ziel 8.3 – Unternehmertum und formale Arbeitsplätze fördern
Die globale Energieeffizienz soll sich deutlich verbessern, gemessen an der Energieintensität.
Indikator 7.3.1: Damit ist die Primärenergieintensität (Energieverbrauch pro BIP-Einheit) gemeint.
Ziel 8.4 – Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln
Bis 2030 soll die Ressourceneffizienz in Konsum und Produktion weltweit schrittweise verbessert und das Wirtschaftswachstum von Umweltzerstörung entkoppelt werden – im Einklang mit dem 10-Jahres-Rahmenprogramm für nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion. Industrieländer sollen dabei eine Vorreiterrolle übernehmen.
Indikator 8.4.1: Das ist der Material-Fussabdruck, gemessen insgesamt, pro Kopf und pro BIP.
Indikator 8.4.2: Damit ist der inländische Materialverbrauch gemeint – ebenfalls gemessen insgesamt, pro Kopf und pro BIP.
Ziel 8.5 – Gleiche Chancen und Löhne für alle erreichen
Bis 2030 sollen alle Frauen und Männer, einschliesslich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, Zugang zu produktiver und menschenwürdiger Arbeit mit gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit haben.
Indikator 8.5.1: Das sind die durchschnittlichen Stundenlöhne von Frauen und Männern (nach Geschlecht, Beruf, Alter und Behinderung).
Indikator 8.5.2: Damit ist die Arbeitslosenquote gemeint (nach Geschlecht, Alter und Behinderung).
Ziel 8.6 – Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen
Der Anteil junger Menschen, die weder arbeiten noch eine Ausbildung oder Schulung absolvieren, soll deutlich gesenkt werden.
Indikator 8.6.1: Das ist der Anteil der 15- bis 24-Jährigen, die weder in Bildung noch in Beschäftigung oder Ausbildung sind.
Ziel 8.7 – Ausbeutung beenden
Es sollen sofort wirksame Massnahmen ergriffen werden, um Zwangsarbeit, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden. Besonders schwerwiegende Formen von Kinderarbeit – etwa der Einsatz von Kindersoldaten – sollen abgeschafft, Kinderarbeit in all ihren Formen bis 2025 beendet werden.
Indikator 8.7.1: Damit ist der Anteil und die Anzahl von Kindern im Alter von 5 bis 17 Jahren gemeint, die Kinderarbeit leisten (nach Geschlecht und Alter).
Ziel 8.8 – Arbeitsrechte und -sicherheit stärken
Arbeitsrechte sollen gestärkt und sichere, geschützte Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten gewährleistet werden – insbesondere für Wanderarbeitskräfte, Frauen und Personen in prekären Arbeitsverhältnissen.
Indikator 8.8.1: Das ist die Zahl tödlicher und nicht tödlicher Arbeitsunfälle pro 100.000 Arbeitskräfte (nach Geschlecht und Migrationsstatus).
Indikator 8.8.2: Damit ist das Niveau der nationalen Einhaltung von Arbeitsrechten (wie Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen) gemeint – laut Textquellen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und nationalen Gesetzen (nach Geschlecht und Migrationsstatus).
Ziel 8.9 – Nachhaltigen Tourismus fördern
Bis 2030 sollen Strategien entwickelt und umgesetzt werden, die nachhaltigen Tourismus fördern, insbesondere zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zur Förderung lokaler Kultur und Produkte.
Indikator 8.9.1: Das ist der Anteil des Tourismussektors am gesamten BIP sowie dessen Wachstumsrate.
Ziel 8.10 – Zugang zu Finanzdienstleistungen verbessern
Die Kapazitäten nationaler Finanzinstitute sollen gestärkt werden, um allen Menschen den Zugang zu Bank-, Versicherungs- und weiteren Finanzdienstleistungen zu erleichtern und auszuweiten.
Indikator 8.10.1: Das ist a) die Anzahl von Geschäftsstellen von Geschäftsbanken und b) die Anzahl von Geldautomaten pro 100.000 Erwachsene.
Indikator 8.10.2: Damit ist der Anteil der Erwachsenen (ab 15 Jahren) gemeint, die ein Konto bei einer Bank, einem anderen Finanzinstitut oder einem Anbieter von Mobile-Money-Diensten haben.
Zwischen Fortschritt und Rückschritt: So steht es um menschenwürdige Arbeit und die Wirtschaft weltweit
Das SDG 8 steht unter wachsendem Druck. Die Folgen der COVID-19-Pandemie, geopolitische Spannungen, steigende Schulden in Entwicklungsländern und der Rückgang arbeitsrechtlicher Standards gefährden den Fortschritt in Richtung inklusives Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit. Besonders junge Menschen, Frauen und informell Beschäftigte sind betroffen.
Zwar erweisen sich einige Arbeitsmärkte als widerstandsfähig, doch ein Blick auf die Entwicklungen der SDG-8-Unterziele macht deutlich, dass die globale Erholung ungleich verläuft und in vielen Bereichen weiterhin anfällig bleibt.
Wirtschaftswachstum fördern (Ziel 8.1): Nach einem pandemiebedingten Rückgang von 3,9 % im Jahr 2020 stieg das weltweite BIP pro Kopf 2021 um 5,3 %. Doch bereits 2022 verlangsamte sich das Wachstum wieder und auch die Aussichten für die kommenden Jahre bleiben verhalten. Besonders in den am wenigsten entwickelten Ländern schwankt das Wachstum: 2020 fiel es auf 0,7 %, 2022 lag es wieder bei 4,6 %, doch eine nachhaltige Erholung bleibt fragil.
Produktivität steigern (Ziel 8.2): Das Produktivitätswachstum blieb 2022 und 2023 mit unter 0,5 % deutlich hinter den Werten der Jahre 2015 bis 2019 zurück, in denen es bei über 1,5 % lag. Nach einem kurzen Anstieg 2021 stagniert die Entwicklung erneut. Das bremst nicht nur den wirtschaftlichen Fortschritt, sondern auch Verbesserungen bei Lebensstandards.
Unternehmertum und formale Arbeitsplätze fördern (Ziel 8.3): 2023 arbeiteten weltweit über zwei Milliarden Menschen informell – das entspricht rund 60 % der Erwerbsbevölkerung. Seit 2015 ist der Rückgang der informellen Beschäftigung damit verschwindend gering – ein deutliches Zeichen dafür, dass strukturelle Reformen zur Schaffung formeller Arbeitsplätze weitgehend ausbleiben.
Gleiche Chancen und Löhne für alle erreichen (Ziel 8.5): Die globale Arbeitslosenquote lag 2023 mit 5,1 % unter dem Vor-Pandemie-Niveau. Doch für die kommenden wird wieder ein Anstieg prognostiziert. Frauen und Jugendliche sind nach wie vor überdurchschnittlich stark betroffen, was die Lücke bei gerechtem Lohn und fairen Chancen weiter vertieft.
Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen (Ziel 8.6): 2023 lag der weltweite Anteil junger Menschen, die weder arbeiten noch in Ausbildung oder Training sind (NEET), bei 21,7 % – nahe am Stand von 2015. Trotz einem Rückgang seit der Pandemie bleibt der Wert auf einem hohen Niveau. Besonders junge Frauen sind mit mehr als doppelt so hohen NEET-Raten wie junge Männer benachteiligt.
Arbeitsrechte und -sicherheit stärken (Ziel 8.8): In vielen Ländern bleibt Arbeit mit erheblichen Risiken verbunden. In 11 von 93 Ländern wurden über zehn tödliche Arbeitsunfälle pro 100’000 Beschäftigte gemeldet. In der Hälfte der Länder lagen auch die nicht-tödlichen Verletzungen über 641 pro 100’000. Gleichzeitig ist die Einhaltung von Arbeitsrechten seit 2015 global um 7 % gesunken – ein Negativtrend, der sich seit 2020 nochmals verstärkt hat.
Nachhaltigen Tourismus fördern (Ziel 8.9): Der weltweite Tourismus hat sich 2022 spürbar erholt und erreichte 82 % des Niveaus von 2019. Die Aufhebung von Reisebeschränkungen und aufgestaute Nachfrage nach der Covid-Pandemie wirkten als Katalysator. Allerdings bleiben regionale Unterschiede: In Ozeanien (ohne Australien und Neuseeland) und kleinen Inselstaaten (SIDS) lag das touristische BIP noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau.
Zugang zu Finanzdienstleistungen verbessern (Ziel 8.10): Seit 2015 ist der Zugang zu Finanzdienstleistungen weltweit gestiegen – doch der Wandel ist spürbar: Die Anzahl an Bankfilialen pro 100’000 Erwachsene sank von 15 auf 13,7, die Zahl der Geldautomaten von 64,6 auf 63,9. Der Trend hin zu digitalen Angeboten hat sich seit der Pandemie nochmals beschleunigt, insbesondere in Asien und Subsahara-Afrika.
Wie philanthropische Projekte und Organisationen SDG 8 aktiv umsetzen
Die Schweiz ist in Bezug auf menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum international gut aufgestellt. Sie verfolgt eine kohärente Beschäftigungs- und Konjunkturpolitik, stärkt faire Arbeitsbedingungen und setzt auf Innovation, Digitalisierung und nachhaltigen Tourismus. In der internationalen Zusammenarbeit nutzt die Schweiz das Potenzial des Privatsektors und engagiert sich für menschenwürdige Arbeit und stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Auch zivilgesellschaftliche Akteure leisten einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung des SDG 8. Viele NGOs und Funders arbeiten tagtäglich daran, die SDG 8 Ziele in der Schweiz und weltweit zu erreichen.
Check Your Chance setzt sich gegen Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz ein. Der Verein koordiniert Angebote von Mitgliedsorganisationen, die Jugendliche auf dem Weg in die Berufsbildung oder erste Anstellung begleiten. Mit Coaching, Ausbildungsprogrammen und enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft fördert Check Your Chance die Integration in den Arbeitsmarkt von jährlich rund 15’000 Jugendlichen.
Opportunity International Schweiz unterstützt Menschen im globalen Süden mit Bildungs- und Mikrokreditprogrammen, um selbstständig eine Existenz aufzubauen. Ihre Projekte zielen auf Armutsbekämpfung, Berufsbildung und Gesundheitsprävention ab – immer mit dem Fokus auf Hilfe zur Selbsthilfe durch lokale Partner. Damit schafft die Stiftung nebst der Sicherung von Einkommen auch neue Perspektiven.
Quellen:
- https://sdgs.un.org/goals/goal8
- https://www.undp.org/sustainable-development-goals/decent-work-and-economic-growth
- https://unric.org/de/17ziele/
- https://unstats.un.org/sdgs/files/report/2024/SG-SDG-Progress-Report-2024-advanced-unedited-version.pdf
- https://backend.agenda-2030.eda.admin.ch/fileservice/sdweb-docs-prod-agenda2030ech-files/files/2024/11/20/8515d92d-3317-4b31-9d8a-631d29c71b93.pdf
- https://sdg-indikatoren.de/8/
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